Die Nähe der Wissenschaft zur Kunst

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Tom Melia (Credit: Florian Voggeneder)

Collide@CERN ist aktuell in der dritten Runde. Der theoretische Kernphysiker Tom Melia gilt dabei als wissenschaftlicher Inspirationspartner des diesjährigen Collide@CERN Residency Gewinners Ryoji Ikeda.

Collide@CERN zielt auf die Kollision von Kunst und Wissenschaft ab, was durch das Aufeinandertreffen hochkarätiger KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen zu innovativen Ergebnissen und besonderen Erfahrungen der Teilnehmenden führt. In diesem Interview spricht Tom Melia über seine Erfahrungen im Residency Programm.

Tom, du bist Ryoji Ikedas wissenschaftlicher Inspirationspartner während seines Aufenthalts im CERN. Warum hast du dich dafür entschieden, bei diesem Programm teilzunehmen?

Tom Melia: Ryojis Projekte sind inspirierend, seine Musik bewegt mich und ich war daran interessiert ihn zu treffen und mit ihm über das zu sprechen, was er versucht zu tun und was ihn dabei motiviert. Ich wusste, dass Ryoji ein Interesse an Mathematik hat, und ich liebe es mit Menschen über Mathematik und Physik zu diskutieren, die nicht formal als Mathematikerinnen und Mathematiker oder Physikerinnen und Physiker ausgebildet wurden, um herauszufinden, welche Dinge in meinem Feld am meisten mitschwingen, wenn sie durch eine ganz andere Perspektive angegangen werden. Außerdem mache ich Musik, komponiere auch, und auch das passte gut. Das Programm klang nach Spaß.

Was ist deine Perspektive auf die Kollision von Kunst und Wissenschaft?

Tom Melia: Ich denke nicht, dass es eine scharfe Trennung zwischen Kunst und Wissenschaft gibt. Also ich sehe das weniger als Kollision. Grundsätzlich liebe ich künstlerische Projekte, die direkt durch Wissenschaft inspiriert sind. In diesem Sinne denke ich, dass das Beziehen auf wissenschaftliche Ideen und Konzepte sowie deren Verwendung in der Kunst wirklich funktionieren kann. Ryojis Arbeiten sind ein großartiges Beispiel dafür.

Was heißt es, ein wissenschaftlicher Inspirationspartner für einen Künstler zu sein?

Tom Melia: Ryoji war sehr bemüht in die Welt der Physik im CERN einzutauchen und verbringt deshalb auch viel Zeit damit Bücher und Artikel zu studieren. Wir haben uns dann getroffen, um Dinge zu diskutieren, die er gelesen hat und haben unsere Konversation dort gestartet.

Tom Melia (Credit: Florian Voggeneder)

Möchtest du uns etwas mehr über deine Arbeit erzählen und wie sich diese Verquickung von Kunst und Wissenschaft in deiner Arbeit wiederfindet?

Tom Melia: Ich bin ein theoretischer Kernphysiker und wissenschaftlich beschäftige ich mich damit, zu verstehen, wie sich das Universum grundsätzlich verhält. Ich erforsche Aspekte der Quantentheorie, von der wir wissen, dass sie die Natur extrem gut beschreibt – das Standardmodell – und verwende diese Theorie dazu, Vorhersagen für das zu treffen, was wir am LHC sehen sollten/ könnten/ müssten. Die Verbindung ist, dass beide Künstlerinnen und Künstler und Wisschenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Grunde, meiner Meinung nach, dasselbe tun – sie versuchen die Welt, in der wir uns wiederfinden, zu erforschen, zu verstehen und zu interpretieren. Es handelt sich um verschiedene Rahmen und Perspektiven, aber es werden eigentlich dieselben Fragen gestellt. Teile meiner Arbeit sind sehr visuell, mit einem Fokus auf Zeichnungen und abstrakten Diagrammen, um mathematische Konzepte zu verstehen. Hier gibt es also auch eine direkte Verbindung.

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Hat die Erfahrung mit dieser Kollaboration vielleicht auch ein bisschen etwas an deiner Perspektive, deine Fragen anzugehen, geändert?

Tom Melia: Es war fantastisch Ryoji kennenzulernen. Er ist neugierig wie ich es von meinen wissenschaftlichen Freundinnen und Freunden und Kolleginnen und Kollegen kenne und daher habe ich auf dieser Ebene eine starke Verbindung gespürt. Es freut mich mit Menschen zu sprechen, die durch unsere umgebende Welt inspiriert sind. Und ich habe definitiv eine Portion frischer Inspiration aus diesem Programm mitgenommen; es ist immer toll sich daran zu erinnern, dass Physik kreativ sein kann und auch sein sollte, und vor allem wie wichtig es ist, das nicht aus den Augen zu verlieren.

Talk von Ryoji Ikeda beim Ars Electronica Residency Network Panel, am Ars Electronica Festival 2014: http://talksandlectures.aec.at/?id=347

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