Ars Electronica in the Knowledge Capital

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Fotos: Emiko Ogawa

In diesen Tagen ist es wieder soweit. Geschäftsleute und Kreative kommen im Knowledge Center in Osaka, Japan, zusammen, um sich mit künstlerischen Sichtweisen inspirieren zu lassen. Das „Ars Electronica in the Knowledge Capital“ geht mit dem Thema „Hybrid“ und einer Mischung aus Ausstellungen, Vorträgen und Workshops bereits in seine zweite Runde. Wir haben mit den Organisatoren Emiko und Hideaki Ogawa von Ars Electronica gesprochen, wie sie das Event im vergangenen November zum Thema „CODE“ erlebt haben und wie der Künstler Golan Levin mit seinen Beispielen die TeilnehmerInnen begeisterte.

Was geschah an den ersten Tagen des „Ars Electronica in the Knowledge Capital“ in Osaka im vergangenen November?

Hideaki Ogawa: Unter dem Thema „Code – The Language of Our Time“ eröffneten wir am ersten Tag die Ausstellung im “The Lab” des Knowledge Capital Osaka. Nach einer Vorstellungsrunde mit den Künstlern Golan Levin und Exonemo und der Präsentation des Prix Ars Electronica begann der Austausch zwischen den Menschen hier in Osaka und den Künstlern. Unser Hauptanliegen war, beide Gruppen im Knowledge Capital zusammenzubringen. Am zweiten Tag folgten dann intensive Gespräche im „Knowledge Salon“ – unter anderem mit einem Vortrag von Gerfried Stocker, dem künstlerischen Leiter der Ars Electronica, über das Thema „Code“ an sich und den historischen Bedeutungswandel von Code. Beide KünstlerInnen trugen schließlich auch ihre Sichtweisen vor.

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Was hat es mit den Künstlern Golan Levin und Exonemo auf sich?

Hideaki Ogawa: Golan Levin, der Magier des Codes, zog die Aufmerksamkeit auf das Feld des „Poem Computing“ und sprach darüber, wie es ist, über Codes zu kommunizieren. In seinem letzten Kunstwerk Eidola konzentrierte er sich auf die Augen des Menschen. Der Titel bezieht sich auf die griechische Auffassung, dass Augen die Macht haben, Strahlen auszusenden und zu empfangen – sie werden damit zu einem Ein- und Ausgabegerät für das menschliche Lebewesen. Sogar mein Blinzeln ist ein Teil meines speziellen und natürlichen persönlichen Codes. Golan Levin schuf einen sich im Kreis drehenden Code aus Augen, die ein Kunstwerk betrachten. Die BetrachterInnen werden dabei mit ihren Augen Teil des Kunstwerkes und der Geschichte selbst.

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Im Unterschied dazu hat sich die Künstlergruppe Exonemo, die Hacker des Codes, Fragen überlegt, wie Code die Richtung unserer Gesellschaft vorgibt und wie KünstlerInnen dabei eingreifen und Aktionen setzen können. Sie entwickelten dieses Captcha-T-Shirt, das nur von Menschen entschlüsselt werden kann. Ihr „Internet Black Market“ ist eine Art von Statement, um eine kreative Gemeinschaft zur Diskussion über die heutige Regulierung des Internets zu schaffen. Die Beiträge der Künstler drehen sich um Aktivismus und sie verwenden den Code auf sehr analoge Weise.

Nach den Präsentationen gab es eine sehr spannende Diskussion, wie sich der Code und auch die Bedeutung von Code gewandelt haben. Sie brachten Fragen auf wie: Was kann man mit Code schreiben? Und was nicht? In dieser Hinsicht hatten wir viele philosophische Diskussionen. Am dritten und letzten Tag gab es dann noch einen Workshop mit Golan Levin und Emiko Ogawa von Ars Electronica.

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Was habt ihr bei den Workshops im Knowledge Capital gemacht?

Emiko Ogawa: Der Titel des Workshops mit Golan Levin nannte sich „Thinking Logically and Casually“. Er stellte uns das maschinelle Denken vor und lud passend dazu zu einigen Mitmachaktionen ein. Zum Beispiel gab er jeder Teilnehmerin und jedem Teilnehmer eine einfache Anweisung. Jeder hatte einen Befehl zu befolgen wie „Wähle eine Person in der Mitte des Raumes aus und folge ihr oder ihm“. Eine sehr einfache Anweisung, die unsere gesamte Gruppe dynamisch formte. Dabei begann er zu erklären, dass die Gesellschaft vor allem aus kleinen Befehlseinheiten besteht.

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Und wie war der Workshop für dich?

Emiko Ogawa: Es war hochinteressant. Wir öffneten den Workshop für die MitgliederInnen des Salons, die sich normalerweise nicht über Kunst Gedanken machen, sondern eher über geschäftliche Dinge. Es nahmen sehr viele verschiedene Menschen teil – einer arbeitete bei einem medizinischen Unternehmen, ein anderer für den Immobilienmarkt, und so weiter. Golan Levins Workshop behandelte das maschinelle Denken – aber mit der Möglichkeit, dies am eigenen Körper selbst zu erfahren.

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Die TeilnehmerInnen wurden durch diese künstlerische Denkweise inspiriert. Golan Levin dockte auch die Bilder der schönen Vögel- oder Fischschwärme an. Normalerweise denken wir nicht daran, dass sie oder jemand ihre Bewegung steuert. Die bezaubernden Schwärme bestehen aus sehr einfachen Codes, wie er uns sehr klar machte. Ein anderes Beispiel: Jeder bekam eine Nummer und den Befehl, dem nächsten mit der um eine Stelle höheren Nummer zu folgen. Am Ende sahen wir selbst sehr schöne Linien, die zuvor niemand erwartet hatte. Wir wurden auch davon inspiriert, dass es nicht nur das mathematische Feld ist, sondern es auch um diese schönen Dinge der Natur geht. Es ging auch darum, die Verbindung zwischen dem Körper und der Welt zu sehen.

Für den Einzelnen ist es nur ein einfacher Code, aber erst aus dem gemeinsamen Blickwinkel zeigt sich die gesamte Schönheit.

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Der Workshop war also für die MitgliederInnen des Salons im Knowledge Capital Osaka konzipiert…

Hideaki Ogawa: Die TeilnehmerInnen des Workshops waren InnovatorInnen und Geschäftsleute, die auch MitgliederInnen dieses Salons waren. Dieser ist Teil des Knowledge Centers in Osaka – in dem Gebäude gibt es auch ein Theater, Ausstellungsflächen und Veranstaltungsräume. Der Salon ist wie ein offenes Büro für EinzelunternehmerInnen. Rund um diese kreative Plattform befindet sich ein Einkaufszentrum – diese Nähe zur Kunst ist sehr einzigartig.

https://www.youtube.com/watch?v=ZspTE4XxDHk

Emiko Ogawa: Die Ausstellung “CODE” im Lab war mehrere Wochen für jeden offen und der Bereich ist für jeden einfach zugänglich, wenn man vom Bahnhof in Osaka kommt – ein pulsierender Ort mit täglich rund 2,5 Millionen Passanten. Nicht zu vergessen die Büros und StudentInnen in dieser Gegend. Der Salon hat die Philosophie, dass er für jeden aus allen Bereichen offen steht und er unvorhergesehene Begegnungen zwischen den Mitgliedern anbietet. Es ist sehr interessant, dass sie ein etwas anderes Konzept des Infotrainers nutzen, wie wir es im Ars Electronica Center Linz sehen. Sie nennen sich „Communicators“ und sind direkt im Salon. Wenn jemand, sagen wir, ein Zahnarzt ist und diesr sich erst seit kurzem für den künstlerischen Bereich interessiert, kann sie oder er das den “Communicators” sagen. Diese schreiben dann die Interessen auf wie es ein Rezeptionist tun würde und geben das alles inklusive der Kompetenzen des Mitglieds in eine Datenbank ein. Diese Interessen sind nur für die „Communicators“ selbst sichtbar, die nun die verschiedenen Salon-MitgliederInnen mit ihren unterschiedlichen Hintergründen persönlich zusammenbringen.

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Hideaki Ogawa: Es ist eine gewaltige Herausforderung, zu versuchen, jeden zusammenzubringen. Aber der Knowledge Salon weiß, dass diese Menschen der Kreativwirtschaft genau diese Begegnungen brauchen, um neue Innovationen und Ideen aufzuspüren. Das ist die Zukunft, wie Arbeit funktioniert. Die Zusammenarbeit zwischen dem Knowledge Capital und der Ars Electronica besteht schon seit 2004 und Ars Electronica brachte Expertise mit, um diesen Ort aufzubauen. Beide Institutionen haben das gleiche Verständnis. Um ehrlich zu sein, von diesem Ort können wir eine Menge über das Verhältnis zwischen vielen verschiedenen Feldern lernen.

Wie geht es jetzt weiter?

Hideaki Ogawa: Das nächste wichtige Datum ist der 29. Jänner 2015. Von da an wird es erneut ein dreitägiges Programm mit Ausstellungseröffnung, Gesprächen und Workshops geben. Diesmal dreht sich alles um das Thema „Hybrid“, in Anlehnung an das Thema des Festival Ars Electronica 2005. Wir haben Künstler eingeladen wie Oron Catts sowie Shiho Fukuhara, Georg Tremmel und Yuki Yoshioka (BCL) – und wir sind sehr glücklich darüber, diesen saisonalen Wechsel hier in Osaka zu haben: „Code“ war das Herbstprogramm, “Hybrid” ist das Winterprogramm.

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Hideaki Ogawa (JP) ist ein Künstler, Kurator und Forscher in den Feldern Kunst, Technologie und Gesellschaft. Er ist künstlerischer Leiter der Medienkünstlergruppe „h.o„. Derzeit arbeitet er auch im Ars Electronica Futurelab und hat viele Projekte im Bereich der Forschung, für das Festival Ars Electronica als auch für das Ars Electronica Center realisiert.

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Emiko Ogawa (JP) ist eine Künstlerin, Kuratorin und Forscherin. In der Medienkünstlergruppe „h.o“ ist sie verantwortlich für die kreative Leitung, Grafik und Interaktionsdesign. Derzeit arbeitet sich auch bei Ars Electronica und ist hier für den Prix Ars Electronica verantwortlich, für das Planen von Ausstellungen im Ars Electronica Center und beim Festival Ars Electronica.