Die digitale Flaschenpost

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Nach seiner Arbeit „The Eye Named Frank“ in der zweiten Ausgabe der Ausstellung „TIME OUT“ im vergangenen Jahr nimmt Julian Reil von der Studienrichtung „Zeitbasierte und Interaktive Medien“ an der Kunstuniversität Linz auch bei „TIME OUT .03“ mit „Bottleneck“ teil. Bei der „digitalen Flaschenpost“ gelangen die Botschaften dank SMS auch dann in das nostalgische Kommunikationsmittel, wenn es schon auf Reisen ist und auf der Wasseroberfläche treibt.

Eine Flaschenpost mit Mobilnummer – was hat dich dazu inspiriert?

Julian Reil: Die Idee ist mir einfach so gekommen. Zunächst hatte ich nur ein Bild und ein Grundkonzept im Kopf, habe aber dann weiter überlegt, wie es tatsächlich aussehen könnte. Im Prinzip ist es eine mundgeblasene Flasche, die eigens dafür angefertigt wurde, weil der Boden für Wartungsarbeiten abnehmbar ist. In dieser Flasche sind zwei LED-Panele, wie wir sie von damaligen Laufschriften auf Flughäfen oder Bahnhöfen kennen. Diese hängen mit einem Arduino-System zusammen, das wiederum mit einem GSM-Modul gekoppelt ist.

https://www.youtube.com/watch?v=Zgl9W63eLvE

Man kann also seine digitale Nachricht in die analoge Flaschenpost stecken…

Julian Reil: Genau, man muss nur eine SMS an diese Mobilfunknummer schreiben, die dann schließlich auf diesem Display in der Flasche erscheint. Im Prinzip funktioniert das auf der ganzen Welt, wo Mobilfunk empfangen werden kann – und dabei ist es eigentlich egal, wo sich die Flasche befindet. Betrieben wird die Installation mit einem Akku – ursprünglich wollte ich es mit einem Solarpanel betreiben, aber da reichen leider die Spannung und der Strom nicht aus, um das effizient in Betrieb zu nehmen. Der Akku hält etwa acht Stunden, das Gerät besitzt jedoch einen automatischen Lade- und Entlademodus – wenn die Flasche aufgestellt wird, geht sie dank Quecksilberschaltung in den Lademodus über, und wenn sie liegt, wird Strom abgegeben.

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Foto: Florian Voggeneder

„Bottleneck“ – worauf spielt der Titel deiner Arbeit an?

Julian Reil: Als „Bottleneck“ bezeichnet man im Bereich der Informationstechnologie oft die Stellen, wo der Informationsfluss oder die Leistung eines Systems gebremst wird. Wenn ich bei einem Computer eine sehr gute Grafikkarte und einen sehr guten Prozessor habe, nutzt mir das nichts, wenn ich zu wenig Speicher habe – ein „Bottleneck“ im System. In den digitalen Medien heute kann jederzeit ein SMS verschickt werden, an jeden beliebigen Adressaten auf der ganzen Welt. Hier werden alte und neue Kommunikationsmittel fusioniert. Bei der analogen Flaschenpost, die dazu benutzt worden ist, um Nachrichten ohne bestimmten Adressaten zu verschicken, hatte man damals gehofft, eine allgemeine Botschaft an eine unbekannte Person zu übermitteln, die für einen selbst relevant ist. Ein Bottleneck, denn es kann nur derjenige sehen, der zufällig an dem Ort ist, wo sich die Flasche mit der Nachricht befindet. Ein Thema, das ich auch in meiner Bachelorarbeit behandelt habe.

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Foto: Martin Hieslmair

Das heißt, deine digitale Flaschenpost kann auch tatsächlich ins Wasser geworfen werden?

Julian Reil: Ja genau, mein Kunstwerk ist so konzipiert, um auf der Wasseroberfläche schwimmend auf die Reise geschickt zu werden. Aber dann ist es auch weg. (lacht) Es ist ein fertiges Objekt, aber es wäre auch schön, das in Serie zu produzieren, es zu optimieren und viele Flaschen davon wirklich ins Wasser zu werfen. Ein Prototyp ist ja bereits einmal die Donau hinabgeschwommen. Ich habe auch noch einen GPS-Sender eingebaut – das war meine zweite Idee, eine Website dazu zu machen und auf einer Karte zu sehen, wo sich die Flaschen geraden befinden.

Stört es dich eigentlich, wenn du deine eigene Flaschenpost auf die Reise schickst und sich die Nachrichten darin aber stets ändern?

Genau das finde ich das Spannende. Es gibt keine Zensur und es kann jeder, der diese Nummer hat, zu jeder Uhrzeit von überall jede beliebige Nachricht dorthin schicken.

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