Artists as Catalysts

Ars Electronica Linz präsentiert Ausstellung in Bilbao:
Artists as Catalysts

(Linz / Bilbao, 4.7.2013) “All artists are alike. They dream of doing something that’s more social, more collaborative, and more real than art” (Dan Graham). Dieser Satz ist zugleich Inspiration und Katalysator der Ausstellung „Artists as Catalysts“, die von 4. Juli bis 8. September 2013 in der Alhóndiga Bilbao zu sehen sein wird. Gemeinsam mit Lourdes Fernández, Leiterin der von Philippe Starck renovierten Kulturinstitution, hat Ars Electronica eine Ausstellung erarbeitet, drei Themenfelder bearbeitet: Environment and Sustainable Future, Control and Manipulation of Our Mediatized World, Find Your Voice and Express Yourself. Die gezeigten Werke fordern allesamt unsere Wahrnehmung heraus, stoßen vor den Kopf, hinterfragen Begriffe wie Privatsphäre und Öffentlichkeit, Überwachung und Kontrolle, erfassen natürliche und künstliche Prozesse und verarbeiten sie in künstlerische Prozesse. UrheberInnen wie Werke wirken dabei als Katalysatoren, die Diskurse entfachen, neue Denkrichtungen anstoßen und Türen öffnen wollen. Das Publikum ist eingeladen, diese Konfrontation anzunehmen, selbst weiter zu gehen und denken, nach Antworten, aber auch nach neuen Fragen zu suchen. Die Ausstellung versteht sich bloß ein Anfang, ein erster Schritt.

Zwölf Arbeiten von renommierten KünstlerInnen

Zu sehen sind insgesamt zwölf Arbeiten der international renommierten KünstlerInnen Seiko Mikami, Julian Oliver, Danja Vasiliev, Paolo Cirio, Alessandro Ludovico, Manu Luksch, Matthew Gardiner, Ehu Zarata, Daan van den Berg, Eric Paolos, Cesar Harada und Finnbogi Pétursson. Im Rahmen einer weiteren Installation kommen die KünstlerInnen schließlich selbst zu Wort.

Eine Schau in der Alhóndiga Bilbao

Die Alhóndiga Bilbao ist eines der repräsentativsten Gebäude mitten im Zentrum von Bilbao. 1909 von Ricardo Bastida errichtet, diente das Haus lange Zeit als Weinlager, wird heute jedoch als eine Art Mehrzweck-Gemeindehaus für Freizeit und Kultur genutzt. Seine Umgestaltung geht auf den Architekten und Designer Philippe Starck zurück. Die Alhóndiga Bilbao ist ein innovativer Raum, in dem eine Mediathek, ein Sportzentrum, ein Schwimmbad, ein Ausstellungssaal, ein Zuschauerraum, Kinosäle, ein Mehrzweckraum, Restaurants, Cafés und ein Geschäft untergebracht sind. Darüber hinaus hat sich die Alhóndiga Bilbao als lebendiges Veranstaltungszentrum etabliert.

Ausstellungs-Website Artists as Catalysts: http://export.aec.at/bilbao2013/
AE Blog mit Interviews, Fotostories und Videos: https://ars.electronica.art/aeblog/tag/artists-as-catalysts/
Presstext: Artists as Catalysts / PDF
Website Alhóndiga Bilbao: http://www.alhondigabilbao.com/en/home

Artist as Catalyst / KünstlerInnen und Arbeiten

Cesar Harada ( UK): Protei (2011)
Die Ölpest im Golf von Mexico ließ Cesar Harada den Entschluss fassen, einen „Low-Cost-Open-Source-Oil-Collecting-Roboter“ zu entwickeln. „Protei“ nennt der französisch-japanische Erfinder, Umweltschützer, Unternehmer und Künstler sein Forschungsprojekt, das künftig helfen soll, die Verschmutzung der Meere, sei es durch Öl oder radioaktive Substanzen, schnell, kostenschonend und effizient zu bekämpfen. Cesar Harada arbeitet an unbemannten, robotischen Segelschiffen, die durch ihr innovatives Design enorm wendig sind, als intelligenter Schwarm gegen den Wind kreuzen und dabei Ölteppiche absaugen. Ein solcher Schwarm soll sowohl von Menschen ferngesteuert werden können, als auch völlig autonom funktionieren. Um „Protei“ zu finanzieren, nutzt Cesar Harada die Plattform Kickstarter.

Cesar Harada über Protei: http://www.ted.com/talks/cesar_harada_a_novel_idea_for_cleaning_up_oil_spills.html
Protei auf Kickstarter: http://www.kickstarter.com/projects/cesarminoru/protei-open-hardware-oil-spill-cleaning-sailing-ro

Daan van den Berg (NL): MERRICK (2010)

„Merrick“ ist eine Antwort auf die „Hacking“-Serie von Ikea. Daan van den Berg lädt uns KonsumentInnen ein, aus Ikea-Bauteilen neue Möbel zu kreieren: Er hackt dafür den Ikea-Computerserver und infiziert die Dateien der Lampe LAMPAN mit einer digitalen Version des Elephantiasisvirus – einer von parasitischen Fadenwürmern ausgelösten Krankheit, die zu einer Wucherung der Haut und des darunter liegenden Gewebes führt. Da das Virus jedes Mal eine andere Deformation hervorruft, handelt es sich bei allen mittels 3D-Drucker materialisierten Lampen um Einzelstücke.

Daan van den Berg über MERRICK: http://tagr.tv/2010/merrick-mutated-ikea-lamp-ars-electronica/

Eric Paulos (US): Energy Parasites (2011)
„Energy Parasites“ sind kleine, handgefertigte Objekte – beispielsweise Lampen, Wasserräder, etc. – die Energie an allen möglichen und unmöglichen Stellen im öffentlichen Raum abzapfen. Ohne sich um deren Herkunft oder Eigentümerschaft zu kümmern, leiten sie die gewonnene Energie um, bzw. verbrauchen oder speichern sie. Mit seinen „Energy Parasites“ stellt Eric Paulos die übliche Auffassung sowie Festschreibung der Eigentümerschaft von Energie und den Möglichkeiten der Energiegewinnung in Frage. Zentraler Aspekt seiner Arbeit ist zudem das Begreifen und Sichtbarmachen von Energie als etwas, das zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem bestimmten Ort und auf eine ganz bestimmte Weise erzeugt und verbraucht wird.

Energy Parasites: http://www.energyparasites.net/
Eric Paulos: http://www.paulos.net/
Energy Parasites & Prix Ars Electronica 2012: http://prix2012.aec.at/prixwinner/6387/

Finnbogi Pétursson (IS): Earth (2009)

In einem mit Wasser gefüllten Bassin erzeugt der isländische Künstler Pétursson eine Interferenz von 7,8 Hertz. Der Ton, hör- und spürbar, wird durch Wellen auf der Wasseroberfläche sichtbar. Die Frequenz von 7,8 Hertz entspricht einem physikalischen Phänomen namens Schumann-Resonanz, es beschreibt die Schwingung des elektromagnetischen Feldes der Erde. Für Pétursson ist diese Frequenz der Herzschlag unseres Heimatplaneten.

Finnbogi Pétursson: http://www.finnbogi.com/
Video Earth auf Youtube: http://www.youtube.com/watch?v=ZbUY8y-JhAI

Golan Levin, Shawn Sims (beide US): The Free Universal Construction Kit (2012)

Das Free Universal Construction Kit ist eine Matrix aus Adapterstücken, die eine vollständige Interoperabilität zwischen zehn bekannten Spielzeugbaukästen herstellt. Da alle Bausteine miteinander verbunden werden können, ergeben sich vollkommen neue Formen des Austausches zwischen an sich geschlossenen Systemen. Wie auch andere Grassroot-Projekte zur Förderung von Interoperabilität nutzt das Free Universal Construction Kit proprietäre Protokolle zur Schaffung eines öffentlichen Angebots, das von kommerziellen Firmen nicht bedient wird – oder nicht bedient werden kann. Free Universal Construction Kit ist kein Produkt, sondern eine Provokation. Es ist ein Satz funktionierender Adapterstücke zwischen Lego, Duplo, Fischertechnik, Gears! Gears! Gears!, K’Nex, Krinkles (Bristle Blocks), Lincoln Logs, Tinkertoys, Zome und Zoob. Die Adapterstücke können bei verschiedenen Internet-Tauschbörsen gratis in Form von 3D-Modellen heruntergeladen und mithilfe von persönlichen Fertigungsgeräten, wie zum Beispiel Makerbot (einem kostengünstigen Open-Source-3D-Drucker), selbst hergestellt werden. Damit fördert das Free Universal Construction Kit auch die Reflexion über geistiges Eigentum, Open-Source-Kultur und Reverse Engineering als Kulturtechnik.

The Free Universal Construction Kit: http://fffff.at/free-universal-construction-kit/
Video The Free Universal Construction Kit: http://vimeo.com/37778172
Golan Levin über The Free Universal Construction Kit: http://shelby.tv/video/vimeo/44337372/ignite_eyeo2012-12-golan-levin-mov

Julian Oliver (NZ), Danja Vasiliev (RU): Newstweek (2011)

„Newstweek“ ist ein Gerät zur Manipulation von Nachrichten. Eingebaut in einen kleinen und unverfänglich wirkenden Wandstecker scheint der „Newstweek“-Apparat Teil der örtlichen Infrastruktur zu sein. Dies ermöglicht „Newstweek“-Agenten Nachrichten, die gerade auf Laptops, Mobiltelefonen oder Tablets gelesen werden, aus der Ferne zu manipulieren. Während politische und unternehmerische Interessen die öffentliche Meinung zu ihren Gunsten zu verändern versuchen, will „Newstweek“ nun BürgerInnen die Möglichkeit bieten, Nachrichten zu manipulieren und die öffentliche Wahrnehmung zu beeinflussen. Darüber hinaus zeigen Julian Oliver und Danja Vasiliev, dass in Zeiten der scheinbar unbegrenzten technischen Möglichkeiten auch unsere Unwissenheit um deren Funktionsweisen stetig steigt und der Manipulation von Fakten auf ihrem Weg von der Quelle zum Ziel – vom Server auf den Screen – Tür und Tor geöffnet sind.

Newstweek: http://newstweek.com/
Julian Oliver and Daniil Vasiliev über Newstweek: http://www.youtube.com/watch?v=yYNLhMIS1rg

Manu Luksch (AT/UK): Faceless (2007)

Mit „faceless” drehte die österreichische Künstlerin Manu Luksch einen ganzen Film ohne auch nur eine einzige (eigene) Kamera zu verwenden. Gefilmt wurde ausschließlich mit Kameras der öffentlichen Videoüberwachung, Schauplatz dieser ungewöhnlichen Dreharbeiten war die Londoner City. Nachdem der Film „in den Kästen“ war, klagte die Künstlerin alles Bildmaterial ein, auf dem sie zu sehen war. Die Gesichter aller anderen, sprich unbeteiligten, Personen wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen gelöscht bzw. durch Farbpunkte abgedeckt. Ergebnis ist ein einzigartiger Film, der die immer lückenlosere Überwachung des öffentlichen Raums vor Augen führt.

About Faceless: http://www.ambienttv.net/pdf/facelessproject.pdf
Trailer Faceless: http://www.youtube.com/watch?v=yLzJCeGYgbg

Matthew Gardiner (AUS): Light is time, folds are space. (2012)

Mit „Light is time, folds are space.“ schuf Matthew Gardiner eine Skulptur, die von den Strukturen des Nano-Bereichs inspiriert, gleichzeitig aber so groß dimensioniert ist, dass sie das Blickfeld der BetrachterInnen komplett ausfüllt. Dreidimensionale geometrische Muster werden dabei von verschiedenen, sich stetig bewegenden Lichtquellen beleuchtet, wodurch sich der räumliche Eindruck der Skulptur kontinuierlich verändert.

Matthew Gardiner: http://matthewgardiner.net

Paolo Cirio, Alessandro Ludovico (beide IT): Face to Facebook (2011)

Zum Abschluss ihrer Trilogie „Hacking Monopolism“ nahmen Paolo Cirio und Alessandro Ludovico den Online-Giganten Facebook ins Visier. Mithilfe einer eigens entwickelten Software entwendeten sie eine Million Facebook-Profile, filterten diese mit einem Gesichtserkennungsprogramm und gruppierten sie nach Daten- und Gesichtsähnlichkeiten. Die auf diese Wiese neu geordneten Profile wurden schließlich auf eine eigene Partnerbörse gestellt und ihre BesitzerInnen per E-Mail miteinander bekannt gemacht. Gerade einmal eine Woche online rief „Face to Facebook“ ein enormes Echo hervor, das von Medienberichten in aller Welt bis hin zu Morddrohungen und Klagen reichte. Paolo Cirio und Alessandro Ludovico mussten das Projekt letztlich vom Netz nehmen.

Face to Facebook: http://www.face-to-facebook.net/
Video Face to Facebook: http://www.youtube.com/watch?v=eQI1vYoXaqE
Talk of Paolo Cirio and Alessandro Ludovico on Face to Facebook: http://www.youtube.com/watch?v=bZKW0ArCmmk

Seiko Mikami (JP): Desire of Codes (2011)

Seiko Mikamis Großinstallation Desire of Codes zeigt, wie die Grenzen zwischen dem Datenkörper in der virtuellen Welt und dem physischen Körper in der realen Welt in unserer Informationsgesellschaft verschwimmen. Das albtraumartige Setting dieser interaktiven Arbeit besteht aus drei Teilen: einer weißen Wand, an der 90 mechanische „Insektenfühler“ mit eingebauten Überwachungskameras angebracht sind (Ninety Wriggling Wall Units); außerdem aus sechs riesenhaften Roboterarmen, die mit Videokameras und Laserprojektoren ausgestattet von der Decke hängen (Six Multi-Perspective Search Arms); und schließlich aus einer im Durchmesser 3,5 Meter großen runden Projektionsfläche. Dieser Compound Eye Detector Screen gleicht den Facettenaugen eines Insekts. Die BesucherInnen sehen sich ins Visier einer perfekten Überwachungsmaschinerie genommen: Hochempfindliche Kameras und Mikrofone, die Bewegungen und Geräusche jenseits der menschlichen Wahrnehmungsschwelle erfassen können, zeichnen jede Regung auf. Was auch immer registriert wird, wird in eine hochleistungsfähige Datenbank eingespeichert, die das eigentliche Zentrum von Desire of Codes ist. Auf dem großen Bildschirm erleben die BesucherInnen die Echtzeitprojektion ihrer eigenen Bilder; dazwischen werden ältere Aufnahmen des Systems sowie Bilder von Überwachungskameras auf öffentlichen Plätzen weltweit eingespielt.

Seiko Mikami: http://www.idd.tamabi.ac.jp/~mikami/artworks/
Video Desire of Codes: http://www.youtube.com/watch?v=5PKT44tU658

Paolo Cirio (IT): Street Ghosts (2012)

„Nachdem Google im Rahmen seines ‚Street View‘ Projekts nicht nur die Straßen und Plätze dieser Welt, sondern wahllos auch alle PassantInnen fotografiert, ohne deren Einwilligung einzuholen, hab ich mich dazu entschlossen, diesen Prozess quasi umzudrehen: Im Rahmen meines ‚Street Ghosts‘ nehme ich diese Google-Schnappschüsse, fertige daraus Poster in Lebensgröße und bringe sie dann genau dort an Hauswänden oder Zäunen an, wo sich die jeweilige Person zum Zeitpunkt der Aufnahme befand.“ Paolo Cirio macht mit seinen „Geistern“ sichtbar, wer wo von Google Street View abgelichtet wurde. Und wenngleich die von ihm an Mauern und Zäunen angeklebten Poster rasch wieder verschwinden, ihre digitalen „Originale“ bleiben auf immer ewig in Googles Datenbank gespeichert.

Paolo Cirio: http://www.paolocirio.net/work/street-ghosts/street-ghosts.php
Video Street Ghosts: http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=JBcoQm9VGqc&list=PLJHWosFmMRqqGaTfKpoevnglyd2LLvMdy

EHU ZARATA LAB / Josu Rekalde, Mikel Arce, Enrike Hurtado (alle SP): THINK SILENTLY ACT WITH NOISE (2013)

Die raumgreifende Installation umfasst zwei große grüne Schreibtafeln, wie sie jede/r von uns aus der Schulzeit kennt. Auf beiden Tafeln können BesucherInnen ihre Gedanken festhalten, wobei jeder Punkt, jede Linie, jedes Wort, das hier mit Kreide auf die Tafel gemalt, gezeichnet oder geschrieben wird, auch einen Klang erzeugt.

Josu Rekalde: http://www.josurekalde.com/
Mikel Arce: http://www.mikelarce.com/
Enrike Hurtado: http://www.ixi-audio.net/
Video THINK SILENTLY ACT WITH NOISE: http://vimeo.com/65166409

Photo:

Earth / rubra / Printversion / Album

Photo:

Face to Facebook / rubra / Printversion / Album

Photo:

Desire of Codes / Ryuichi Maruo [YCAM] / Printversion / Album


Video Newstweek


Video Street Ghosts