Ars Electronica Linz zeigt große Ausstellung in Moskau

Ars Electronica Linz zeigt große Ausstellung im Polytechnischen Museum Moskau: EARTH LAB – Artists as Catalysts

Pressetext: „Ars Electronica zeigt große Ausstellung im Polytechnischen Museum Moskau / PDF“
Photoalbum zur Ausstellung

(Linz/Moskau, 21.6.2016) Im Auftrag des Polytechnic Museum Moscow präsentiert Ars Electronica Linz die Ausstellung „EARTH LAB – Artists as Catalysts“. Gezeigt werden insgesamt 18 künstlerische Projekte, die sich mit zentralen sozialen, ökologischen und ökonomischen Zukunftsfragen rund um unseren Planeten befassen. Die BesucherInnen werden dabei zu ForscherInnen, die entlang eines aus Infografiken wie interaktiven Installationen bestehenden Parcours auf Entdeckungsreise gehen. Ein eigens entwickeltes Rahmenprogramm mit Vorträgen, Performances, Screenings und Workshops ergänzt die Ausstellung. Zu erleben ist die Ausstellung EARTH LAB von 21. Juni bis 25. September 2016 in der ehemaligen Schokoladenfabrik „Roter Oktober“ in Moskau.

EARTH LAB – das etwas andere Labor

In der Regel ist ein Labor ja nicht öffentlich zugänglich, sondern im Gegenteil, ein mehr oder weniger abgeriegelter Ort, an dem Spezialwissen produziert wird. Und während sowohl Motive als auch Interessen hinter den jeweiligen Forschungsaktivitäten unterschiedlicher kaum sein könnten, ist doch eines allen Forschungsaktivitäten gemein: das Ziel neues Wissen zu schaffen. Dies gilt auch für die Ausstellung „Earth Lab“. Der Planet Erde wird hier als ein großes Labor gedacht, in dem an allen Ecken und Enden zu unterschiedlichen Fragestellungen geforscht wird. Wie klingt die Erde, wie hört sich ihr „Herzschlag“ an und warum dreht sie sich immer langsamer? Könnten künstliche Blätter der steigenden Luftverschmutzung entgegenwirken und Fliegen vielleicht die Müllschlucker der Zukunft sein? Stichwort Fliegen: Warum essen wir nicht längst schon Insekten-Riegel, wenn sowohl Nährstoffgehalt und Umweltfreundlichkeit dies eigentlich nahelegen? Und sind es am Ende vielleicht Mikroorganismen, die die menschliche Spezies regieren, weil in und auf uns zehnmal mehr Bakterien als menschliche Zellen existieren? Fragen über Fragen gilt es hier zu beantworten, um unser grundsätzliches Verständnis von den Prozessen auf dem blauen Planeten ein Stück weit zu befördern.

Kunst als Katalysator

Unverzichtbar für ein solches Verständnis sind neue, unkonventionelle (Gedanken-) Experimente. Und wer wäre wohl besser geeignet, ein solches Ausscheren aus gewohnten Bahnen anzustoßen, als KünstlerInnen, die an konkreten Problemlösungen arbeiten oder aber auch den Forschungs- und Entwicklungsbetrieb an sich hinterfragen und zu Tage befördern, warum wir über manches sehr viel und über anderes dagegen wenig bis gar nichts wissen.

Beteiligte KünstlerInnen: ART SAT (JP), Búi Bj. Aðalsteinsson (IS), Sonja Bäumel (AT), Massoud Hassani (AF/NL), Cornelia Hesse-Honegger (CH), Julian P. Melchiorri (IT/UK), Kono Michinari / Takayuki Hoshi / Yasuaki Kakehi (JP), Ursula Neugebauer (DE), Leo Peschta (AT), Finnbogi Pétursson (IS), Shinseungback Kimyonghun (HK), Marek Straszak (PL), Yulia Glukhova (RUS), Vadim Kolosov (RUS), Dmitry Bulatov, Alexey Chebykin (RUS), ::vtol:: (RUS) und Stain (RUS), neben Projektpräsentationen der European Space Agency (ESA) und der Ars Electronica Linz (AEC).

EARTH LAB – die Projekte im Überblick:

Cloud Face / Shinseungback Kimyonghun (KR)
„Cloud Face“ ist der Titel einer Sammlung von Wolkenbildern, die allesamt an menschliche Gesichter erinnern. Nur logisch also, dass Gesichtserkennungsprogramme zum selben Schluss kommen und so aus Wolkenformationen „echte“ Menschen werden.

Der Zermesser / Leo Peschta (AT)

Der Zermesser ist aus diversen Stangen gebildeter raumgreifender Tetraeder mit perfekter Symmetrie. Jede seiner Seiten ist mit einem eigenen Mikrocontroller, Stromversorgung und Motoren ausgestattet, deren Zusammenspiel es erlaubt, die Länge des jeweiligen Seitenteils zu verändern, um sich so durch den Raum zu tasten. Das „Wissen“ um die Position bzw. die Ausdehnung der einzelnen Module untereinander ermöglicht es dem gesamten Körper, sich durch Verlagerung seines Schwerpunktes frei im Raum zu bewegen.

ARS Recollected / Marek Straszak (PL)

Bei Marek Straszaks „ARS Recollected“ trifft Videomapping auf kinetische Objekte und das Ganze ergibt auch noch eine Geschichte: jene der Ars Electronica nämlich, seit ihren Anfängen im Jahr 1979 bis heute, inklusive animierter Infografik und Soundinstallation.

expanded self II / Sonja Bäumel
Der Zufall spielt in Sonja Bäumels Versuchsanordnung eine gewichtige Rolle. In einer Petrischale, die annähernd so groß wie ein Mensch ist, hinterlässt die Künstlerin Abdrücke ihres eigenen Körpers und dabei Bakterien, die sich während der Laufzeit der Ausstellung munter vermehren. Obwohl Sonja Bäumel Prognosen über die Entwicklung in der Petrischale abgegeben kann, ist jeder Körperabdruck doch ein Original. Das Wachstum der gesammelten Mikroorganismen kann gemessen und kontrolliert werden, doch gilt dies längst nicht für alle Parameter – manche sind uns ziemlich sicher noch nicht einmal bekannt.

tour en l’air / Ursula Neugebauer

„tour en l’air“ ist eine imposante Installation an der Schnittstelle von Mode, Kunst und Architektur. Dekobüsten, gekleidet in mehrere bodenlange rote Taftkleider, erwachen dank computergesteuerter Elektromotoren zum Leben. Ein zauberhafter Tanz ist das Ergebnis.

Lapillus Bug / Yasuaki Kakehi, Kono Michinari and Takayuki Hoshi

Der „Lapillus Bug“ ist eine Art Fruchtfliege, ein kleiner Schaumstoff-Partikel, der durch Schallwellen in der Schwebe gehalten wird, die für das menschliche Ohr nicht hörbar sind. Via Licht und Bewegung kann man ihm interagiert werden.

Earth / Finnbogi Pétursson
In einem mit Wasser gefüllten Bassin erzeugt der isländische Künstler Pétursson eine Interferenz von 7,8 Hertz. In Form von Wellen wird der hör- und spürbare Ton auf der Wasseroberfläche sichtbar. Die Frequenz von 7,8 Hertz entspricht einem physikalischen Phänomen der Schumann-Resonanz, mit der die Schwingung des elektromagnetischen Feldes der Erde beschrieben wird. Laut Pétursson die Frequenz des Herzschlags unseres Planeten.

Seh-Forschung / Cornelia Hesse-Honegger
Seit 1968 malt Cornelia Hesse-Honegger durch Gift und Strahlung mutierte Fliegen und wilde Wanzen. Seit damals – konkret seit dem Unfall in Tschernobyl – sammelte sie mehr als 16.000 Wanzen in Falloutgebieten in der Ukraine sowie rund um Atomanlagen in Europa und den USA. Ihre Studien zeigen, wie schwer Atomanlagen bzw. -unfälle Fauna und Flora belasten.

Mine Kafon / Massoud and Mahmud Hassani
Massoud and Mahmud Hassani kamen mit ihren Eltern von Afghanistan nach Holland. In ihrer alten Heimat spielten sie als Kinder mit windgetriebenen Papierobjekten, die sie über minenverseuchten Gebieten in den Himmel steigen ließen. Diese Idee diente nun als Inspiration für „Mine Kafon“: Der kugelförmige, mit GPS ausgestattete Minendetektor ist mit fußgroßen Platten bestückt und wiegt in etwa so viel wie ein durchschnittlicher Mensch.

Silk Leaf / Julian Melchiorri (IT/UK)
Inspiriert von den Mechanismen der Natur und physikalischen Phänomenen versucht Julian Melchiorri (IT/UK) mittels Laborversuchen das Potenzial fotosynthetischer Materialien auszuloten. Ein Ergebnis seiner Arbeit ist das „Silk Leaf“: ein Artefakt aus organischem Material wie Seidenproteinen und Chloroplast mit der Fähigkeit zur Fotosynthese.

The FlyFactory / Búi Bjarmar Adalsteinsson (IS)

Mittels Mixer und Mikrowelle stellt Búi Bjarmar Adalsteinsson in seiner „Fly Factory“ aus artgerecht gehaltenen Fliegenmaden ein Tofu-ähnliches Produkt her.

Glimpse of our Blue Planet / European Space Agency (ESA)
Satellitenbilder der European Space Agency (ESA) lassen uns unseren Planeten aus immer neuen Perspektiven betrachten und offenbaren dabei dessen Schönheit immer wieder aufs Neue.

ARTSAT: REPLAY / ARTSAT: Art and Satellite Project (JP)
Das „Art and Satellite Project“ ist eine Dokumentation eines von japanischen KünstlerInnen konstruierten und in den Orbit gesendeten Satelliten. Das Ziel der über sechs Monate laufenden Mission war die Übertragung von Stimmen, Gedichten und Musik, die Aufnahme und Übermittlung von Bilddaten und die Kommunikation mit der Bodenstation mittels eines Chatbot-Programms.

Plasticity of Flame / Yulia Glukhova (RUS)
Yulia Glukhova nutzt eine Flamme als Medium für die Visualisierung von Schallwellen. Mit „Plasticity“ untersucht sie das Potenzial des Schalls zur Kontrolle brennbarer Substanzen.

Dendrophone / Vadim Kolosov (RUS)
Vadim Kolosov will unsere Aufmerksamkeit auf Umweltprobleme lenken. Um etwa den Gemütszustand von Pflanzen für uns sicht- und hörbar zu machen, legte er quasi ideale Referenz-Parameter für Licht, Feuchtigkeit und Kohlendioxid fest, setzte die Pflanzen geänderten Bedingungen aus und verglich die Werte dann miteinander. Die Differenz zwischen den gemessenen Werten spiegelt die Stimmung der Pflanze wider und bringt diese via Sound und Licht zum Ausdruck.

Access point / Dmitry Bulatov, Alexey Chebykin (RUS)
„Access Point“ ist ein interaktives Projekt, das optische Technologien der Vergangenheit und Augmented Reality vereint. Die Installation basiert auf dem Prinzip der Anamorphosis, das Bilder beschreibt, die nur unter einem ganz bestimmten Blickwinkel, mittels eines ganz speziellen Spiegels oder Prismensystems erkennbar sind. Das zentrale Element, das im 3-D-Druck gemäß des Prinzips der Anamorphosis gedruckt wurde, spiegelt sich in einem Zylinder und zeigt den nie verwirklichten Monumentalbau Tatlin‘s Tower.

Credits:
Curators of the EARTH LAB: Manuela Naveau, Natalia Fuchs
Russian commission co-curator: Alexey Shcherbina
Frame program co-curators: Natalia Fuchs, Alexey Shcherbina
Project manager: Anna Firainer
Technical direction: Klaus Dieterstorfer
Technical support: SilaSveta, Gustavo Valera
Infographics: Stefan Eibelwimmer, Nicolas Naveau
Coordination: Fedor Vladimirov

Photo:
Tour en l’air / photocredit: Daniil Primak, Polytechnic Museum / Printversion / Album

Photo:
Lapillus Bug / photocredit: Daniil Primak, Polytechnic Museum / Printversion / Album

Photo:
Fly Factory / photocredit: Daniil Primak, Polytechnic Museum / Printversion / Album