TIME OUT .03 im Ars Electronica Center

Ars Electronica und Linzer Kunstuniversität eröffnen neue Ausstellung:
TIME OUT .03 im Ars Electronica Center

Pressetext “TIME OUT .03 im Ars Electronica Center” / PDF
Ars Electronica Blog: Gespräch mit Gerhard Funk

(Linz, 13.3.2015) Ein komplett dunkler, nur mit 64 computergesteuerten Kamerablitzen bestückter Raum, eine mit LED-Panelen und Mobilfunknummer ausgestattete Flaschenpost, ein traditionelles Gewürzregal voller Österreich-Klischees und eine Noise-Performance im Deep Space – unter dem Motto TIME OUT .03 präsentieren der Bachelorstudiengang Zeitbasierte und Interaktive Medien der Linzer Kunstuniversität und das Ars Electronica Center einmal mehr junge Medienkunst aus Linz. Die Ausstellung ist die bislang dritte Ausgabe einer gemeinsamen Reihe, die Studierenden die Möglichkeit bietet, ihre Arbeiten einem breiten Publikum zu zeigen. Vizebürgermeister Mag. Bernhard Baier, Kulturreferent und Aufsichtsratsvorsitzender der Ars Electronica Linz GmbH, freut sich darüber insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Aufnahme von Linz in das Netzwerk Creative Cities der UNESCO, das weltweit zukunftsorientierte Städte und Metropolen in den sieben Kreativwirtschaftsbereichen Literatur, Film, Musik, Handwerk und Volkskunst, Design, Gastronomie und eben Medienkunst verbindet. „Die im Rahmen von TIME OUT gezeigten Werke zeichnen sich allesamt durch ihre hohe inhaltliche, ästhetische und technische Qualität aus“, sagt Univ.-Prof. Dr. Gerhard Funk, Leiter des Bachelorstudiums Zeitbasierte und Interaktive Medien: „Die Arbeiten, die wir aktuell präsentieren, beschäftigen sich mit ganz unterschiedlichen Themen, greifen allesamt aber analoge Objekte und Techniken auf und kombinieren sie mit digitalen Technologien. Es entstehen dabei neue Formen und Möglichkeiten des Ausdrucks, wobei Aussage und Erlebnis stets im Vordergrund stehen, die Technik selbst in den Hintergrund tritt oder gänzlich unsichtbar wird.“ TIME OUT .03 ist von 14. März bis Ende Juni 2013 im Ars Electronica Center zu sehen.

TIME OUT .03 – drei interaktive Arbeiten und eine Performance

Dawid Liftinger: Blitzlichtinstallation #1

Weitgehende Orientierungslosigkeit, ja die fast völlige Auflösung unserer Wahrnehmung von Raum bewirkt Dawid Liftingers Blitzlichtinstallation #1. Die Installation besteht aus insgesamt 64 Elektronenblitzlichtgeräten, die in Form einer dreidimensionalen Matrix im komplett dunklen Project Space des Ars Electronica Center angeordnet sind. Sobald eine Person den Raum betritt bzw. sich durch den Raum bewegt werden die computergesteuerten Blitzmodule via Bewegungssensoren aktiviert. Obwohl die Blitze stets gleichzeitig angesteuert werden, erfolgt ihre Auslösung aufgrund der Imperfektion – also der herstellungsbedingten Abweichung – ihrer elektrotechnischen Komponenten in unregelmäßigen Zeitabständen nacheinander. „Die Blitze werden in einer scheinbar zufälligen Choreografie ausgelöst“, so Dawid Liftinger: „Die BesucherInnen sind eingeladen, diesen Raum zu betreten und selbst zu erleben, was mit ihnen geschieht. Es ist ein ‚Erfahrungsraum‘, in dem man so lange bleiben kann, wie man will. Abgesehen von der visuellen Erfahrung gibt es übrigens auch etwas für die Ohren. Ich verwende alte Elektronenblitzgeräte, deren Kondensatoren ein immer höher und leiser werdendes „Ziehen“ verursachen, wenn sie sich aufladen und ein „Ploppen“ von sich geben, wenn der Blitz ausgelöst wird.“

Verena Mayrhofer: draw:er

Wer prägt eigentlich Vorurteile? Wie entstehen sie? Und unterliegen sie einem steten Wandel oder sind sie im Gegenteil, nur schwer veränderbar? Mit ihrer interaktiven Audioinstallation draw:er geht Verena Mayrhofer diversen Österreichisch-Klischees auf den Grund. Die Ergebnisse ihrer Recherche packt sie passenderweise in Schubladen – jene eines traditionellen Gewürzschranks nämlich, die, einmal geöffnet, in Mundart gesprochene Österreich-Bilder offenbaren. „Ein solcher Keramikladen ist für mich ein traditionelles Symbol für Österreich. Und auf seinen Schubladen ist ja immer auch schon vorher beschriftet, was in den Laden drinnen ist“, so Verena Mayrhofer. Um diese Laden zu füllen, fragte sie Menschen in mehreren Ländern danach, was sie von bzw. über Österreich denken. Die erfragten Meinungen ließ sie übersetzen und anschließend von ÖsterreicherInnen in Mundart nachsprechen und wies jeder Schublade ihres Gewürzschranks ein solches Statement zu. Wie sie auf die Idee zu draw:er kam? „Während einer Asienreise“, sagt sie: „Zu der Zeit wurde in internationalen Medien über den Inzestfall des Josef F. in Amstetten berichtet und jedes Mal, wenn ich im Laufe eines Gesprächs sagte, dass ich aus Österreich bin, war die Reaktion mehr oder weniger ein ‚Ach so, du bist auch aus Österreich?‘ Darüber hinaus fand ich es interessant, wie ich selbst darauf reagiert habe – auf irgendeine Art und Weise identifiziert man sich dann doch mit der eigenen Nationalität.“

Julian Reil: bottleneck

Julian Reils b ottelneck ist eine aktuelle – sprich digitale und interaktive – Version der guten alten Flaschenpost. Die dafür notwendige Technik hat Julian Reil in eine eigens angefertigte, mundgeblasene Flasche gepackt: Zwei LED-Displays werden hier über einen Arduino-Microcontroller mit einem GSM/GPRS-Modul verbunden und Handy-Wertkarte installiert. Im Unterschied zur traditionellen Flaschenpost, wird die Botschaft hier also im Nachhinein, sprich nach dem Verschließen der Flasche, übermittelt. Was ihn zu bottleneck inspiriert hat? „Nun, als ‚bottleneck‘ bezeichnet man im Bereich der Informationstechnologie ja die Stellen, an denen der Informationsfluss oder die Leistung eines Systems gebremst wird. Wenn ich bei einem Computer also eine sehr gute Grafikkarte und einen sehr guten Prozessor habe, nutzt mir das nichts, wenn ich zu wenig Speicher habe – ich habe ein ‚bottleneck‘ im System“, so Julian Reil: „Dank der digitalen Medien kann heute jederzeit eine SMS verschickt werden und das an jeden beliebigen Adressaten auf der Welt – alte und neue Kommunikationsmittel werden dabei fusioniert. Mit der analogen Flaschenpost wollte man eine allgemeine Botschaft an ein unbekanntes Publikum übermitteln – auch ein ‚bottleneck‘, weil ja nur die- oder derjenige zu Botschaft zu lesen bekam, die oder der die Flasche zufällig fand.“

Stefan Tiefengraber: MRS49 WM-4 KC-300G RM825 und WM_EX10 TCM_200DV A1.2FPP BK26

Stefan Tiefengraber steuert zwei Performances zu TIME OUT .03 bei. Deren Titel klingen nicht zufällig sehr technisch, verweisen sie doch auf jene Gerätschaften, die dazu benutzt werden, um Sounds zu erzeugen. Wie auf einer Orgel spielt Stefan Tiefengraber auf unterschiedlichen technischen Komponenten, indem er mit seinen Fingern Kurzschlüsse auf Platinen erzeugt, die von acht Röhrenmonitoren und Lautsprechern, die paarweise im Raum verteilt sind, in Ton und Bild wiedergeben werden.

STATEMENT

Mag. Bernhard Baier (Vizebürgermeister der Stadt Linz, Aufsichtsratsvorsitzender Ars Electronica Linz GmbH)

„Der Titel ‚UNESCO-City of Media Arts‘ ist für Linz eine Auszeichnung, aber gleichzeitig auch ein Auftrag für die Entwicklung von Linz und der Region hin zu einer noch stärkeren Positionierung auf Medienkunst und als kreativwirtschaftliches Zentrum Österreichs. Die bislang dritte Ausgabe von TIME OUT unterstreicht das großartige Engagement in diese Richtung, womit tolle Projekte an der Linzer Kunstuniversität, im konkreten Fall am Studiengang Zeitbasierte und Interaktive Medien entstehen. Ich halte es für ein ebenso interessantes wie attraktives Angebot, dass BesucherInnen des Ars Electronica Center einerseits Ausstellungen und Präsentationen rund um Themen wie Life Sciences, Neurowissenschaften oder Robotik erleben und sich andererseits auch ein Bild von der jungen Medienkunstszene in Linz machen können.“

Photo:

Flashlightinstallation #1 / Dawid Liftinger / Printversion / Album

Photo:
Flashlightinstallation #1 / Martin Hieslmair / Printversion / Album

Photo:
Bottleneck / Martin Hieslmair / Printversion / Album

Photo:
draw:er / Martin Hieslmair / Printversion / Album