Hermann Nitsch SINNE UND SEIN – Ars Electronica Futurelab

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Die letzte Station hieß London, die heutige Reise geht nach Mistelbach. Da spart man sich wenigstens die Sicherheitskontrollen, Mistelbach ist nicht paranoid. Der Grund für die Reise ist das Hermann Nitsch Museum, wo anlässlich des 75sten Geburtstags des Künstlers am 7. April die Retrospektive SINNE UND SEIN eröffnet. Das Ars Electronica Futurelab hat seinen Teil dazu beigesteuert und genau darüber soll jetzt geschrieben werden.

Auf gehts Richtung Nitsch Museum

Das Werk Nitschs ist ja hinlänglich bekannt. Sein Orgien-Mysterien-Theater setzte Maßstäbe, die Aktionen des womöglich prägendsten Mitglieds des Wiener Aktionismus waren multi-mediale Kunstwerke, bevor diese Bezeichnung überhaupt erfunden wurde. Die Entstehung, die Gestaltung, die Erfahrung der Malereien, der Grafiken, der Musik, aber natürlich auch die materielle und olphaktorische Komponente, das sprach stets alle 5 Sinne an, und war für Künstler, Akteure und Publikum eine psychische und physische Herausforderung.

Patrick Müller vom Ars Electronica Futurelab erklärt Hermann Nitsch die Bedienung der Installation

Die Herausforderung, diese Erlebniswelt zu dokumentieren und Nichtbeteiligten zu vermitteln, ist also keine Kleinigkeit. Mit SINNE UND SEIN wird das Hermann Nitsch Museum in Mistelbach dennoch versuchen, sie zu meistern.

Die Kapelle bzw. der Installationsraum

In der Kapelle bzw. Installationsraum, einem eigenen Gebäude im Hof des Nitsch Museum (das Nitsch Museum ist Teil des Museumszentrum Mistelbach, in den anderen Ausstellungsräumen läuft parallel zur Nitsch-Retrospektive übrigens „Süße Lust – Geschichte(en) der Mehlspeise), hat das Ars Electronica Futurelab eine Miniversion des Deep Space installiert. Dass sie im Vergleich zum Original klein ist, heißt allerdings nicht, dass es sich um ein Tablett an der Wand handelt.

Mit 8×4 Metern und Bildern in einer Breite von bis zu 38 000 px sind nämlich auch hier die Dimensionen recht beeindruckend, zumal der ganze Raum quasi ausschließlich für diese Installation reserviert ist. 4 Kunstwerke Nitsch‘ werden gezeigt, davon 2, die es so noch nicht zu sehen gab. Bedient wird die Installation wie im Ars Electronica Center mittels Multi-Touch-Terminal, man kann in die Bilder hineinzoomen und Details entdecken, die bislang nur dem Künstler selbst bekannt waren. Jedes der Bilder ist virtuell in tausende Einzelteile geschnitten worden, der Detailreichtum deshalb beeindruckend.

Doch gibt es nicht nur die visuelle Komponente zu bestaunen, aus eigenes installierten Lautsprechern tönt dazu Nitsch‘ „Konzert für 1000 Finger“ (Hermann Nitsch/Peter Jan Marthé, „KLAVIER-SINFONIE FÜR 100 PIANISTEN“, Uraufführung: 25. 11. 2012 im „Kulturquartier“ Linz, Ausführende: Pianisten des O.Ö. Musikschulwerks & der Musikuniversität Wien. Dirigent: Peter Jan Marthé) und das in durchaus solider Lautstärke. Lässt man sich darauf ein, wirkt diese Kombination aus Bild und Ton sehr intensiv.
Nitsch taucht ein in Nitsch

Foto: Michael Kaczorowski / faksimile digital, Birgit und Peter Kainz

Nitsch zeigt sich von der Einrichtung begeistert. Und auch wenn er selbst in seinen Werken auf den Einsatz neuer Medien verzichtet und sie ausschließlich zur Dokumentation nutzt, so sieht er in ihnen doch das Potential, die Kunstwerk ein ums andere Mal zu verändern. Das Erkunden der eigenen Werke via Touchscreen macht dem Künstler sichtlich Freude. Aber wie er selbst sagt: „Es ist, wie ich es mir erwartet habe, es beflügelt mich, was allerdings nicht bedeutet, dass ich mich jetzt in neuen Medien erschöpfen werde. Ich habe mein Werk zu vollenden, meinen Weg weiter zu gehen.“

Hermann Nitsch über sein Werk, neue Medien und die Zusammenarbeit mit der Ars Electronica.

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Ab 7. April 2013 ist SINNE UND SEIN im Hermann Nitsch Museum in Mistelbach zu sehen, die Ausstellung wird von diversen Aktionen begleitet, alle Informationen gibt es auf der Website des Nitsch Museum.

Hermann Nitsch wird 2013 auch zu Gast im Ars Electronica Center sein, der genaue Termin und Rahmen werden noch bekannt gegeben.