In Search Of Lost Time…

Modus Operandi 1
Modus Operandi 1,

Harmeet Chagger-Khan, Expertin für digitalen Film und Medien, war 8 Wochen lang im Rahmen eines Residency-Programms im Ars Electronica Futurelab. Das ist ihr Erfahrungsbericht.

Es fühlt sich wie ein anderes Leben an, oder womöglich sogar wie ein alternatives Universum, wenn ich daran zurückdenke, wie ich mich auf den Weg Richtung Futurelab machte, an einem kalten Morgen im Februar, um eine 2-monatige Residency zu beginnen. Linz wirkte in seiner Schneedecke wie ein impressionistischer Traum, Vorfreude, Aufregung und eine unendliche Anzahl an Möglichkeiten begleiteten mich, als ich zum ersten Mal das komplexe Ökosystem Futurelab betrat.

Und wieso war ich eigentlich dort? Als NESTA Fellow on the Clore Leadership programme fand ich mich dank der Hilfe von Sampad vor den Toren der Ars Electronica wieder, und es gab einige Fragen zu beantworten, Fragen nach dem Verhältnis zwischen Kreativität, Risiko und kultureller Innovation und deren Potential, eine Gesellschaft grundlegend zu verändern, und das Lab wirkte wie der perfekte Ausgangspunkt, um nach Antworten zu suchen. Ich erwartete Willy Wonka’s Schokoladenfabrik in Lebensgröße, aber was ich vorfand, überraschte mich und fing mich sofort ein.

Also, was passiert wirklich im Lab, welche Rahmenbedingungen braucht es, um Innovation zu fördern, wie erschafft man etwas Neues, wenn die Genese seiner From noch nicht mal im Äther der Existenz angekommen ist?

Ich ging ins Futurelab, weil ich Antworten suchte, und ich fand sogar mehr Fragen.

Wer sind die Futurelab-Leute und die neu gegründete Solutions? Beide Abteilungen der Ars Electronica sind zwei Seiten der selben Medaille, eine Verschränkung, die von einem unsichtbaren Band zusammengehalten wird. Und beide Bereiche sind angefüllt mit passionierten, intelligenten, beständigen, wahnsinnig talentierten und sehr umgänglichen Leuten, die die Philosophy des Futurelab und von Solutions tagtäglich leben.

Ich hatte erwartet, dass die Mechaniken von Innovation einen Raum voller Chaos und Energie bedingen würden. Dabei könnte man im ersten Moment denken, dass hier nicht viel passiert, so eine Ruhe strahlt der Raum aus, aber dadurch, dass hier die Zeit langsamer voranschreitet, als woanders, ist es für die Futurelab-Crew möglich, in die Zukunft zu reisen.

Highlights in meiner Zeit im Futurelab waren die der Blick hinter die Kulissen, der mir von den großen Architekten Hannes Leopoldseder und Christine Schöpf ermöglicht wurde, aber auch die stimulierenden, provozierenden udn inspirierenden Gespräch mit den großartigen Köpfen der Ars Electronica

Projekte, die sich mit Open Date auseinandersetzen, eröffneten die Diskussion um Ethik und die Probleme einer authentischen Repräsentation der Daten, und es gab Drohnen, Drohnen, überall Drohnen. Während eines Testflugs an einem besonders schönen Tag verlief alles wunderbar, bis zu dem Moment, wo jemand „Aufpassen!“ rief, kurz bevor eine der Drohnen an uns vorbeischoss und womöglich die ein oder andere wohlgeordnete Frisur durcheinanderbrachte.

Ich hatte also die Gelegenheit, die Leute, die hier arbeiten, und ihre Motivationen kennenzulernen, aber ich durfte auch einen Blick in den Computerhimmel werfen – oder in den Technologiefriedhof, das liegt wohl im Auge der Betrachenden – ich lernte das Archiv der „alten“ Projekte kennen, die in einem dunklen Raum darauf warten, dass sich jemand an sie erinnert. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich in diesem Raum Skynet’s Aufstieg zur Macht erlebte, aber womöglich wurde mir von Licht und Schatten ein Streich gespielt.

Die 8 Wochen fühlten sich an wie 8 Sekunden, 8 Minuten, 8 Monate, 8 Jahre. Meine Wahrnehmung von Zeit wurde komplett verzerrt, was im Nachhinein betrachtet keine schlechte Sache war. Wie bei einem Erinnerungshügel dauert es einige Zeit, bis man faszinierende Erfahrung richtig einschätzen kann, es braucht Zeit, zu realisieren, wie reich und komplex die Welt ist, man muss ihr während dieses Processes die Möglichkeit geben, sich als noch interessanter zu entpuppen. “n’allez pas trop vite mon ami,  n’allez pas trop vite…”

Und am Wichtigsten für mich war die Möglichkeit, das Betriebsystem meines Gehirns und meiner Wahrnehmung zu debuggen.

Als ich schließlich das Futurelab wieder verließ, dachte ich darüber nach, wie Technologie die Gesellschaft verändern könnte, wie sie die Zukunft beeinflussen könnte. Wie wir alle den Erfinder, die Erfinderin, den Macher, die Macherin in uns entdecken könnten, um die Möglichkeit zu entdecken, unsere Welt neu zu erschaffen, sie zu hacken und zu einem besseren Ort zu machen.

Und als ich also in den Horizont verschwand, nagte eine Frage an mir: Wenn Technologie die Antwort ist, was ist die Frage?