Rebecca Gischel Creates Her World

R_Gischel,

Zum u19 – CREATE YOUR WORLD Festival kommen jedes Jahr Künstler und Künstlerinnen von überall aus der Welt. Sie zeigen uns ihre Ideen, probieren sie hier aus und lassen sich selbst zu Neuen inspirieren. Die Interaktionskünstlerin Rebecca Gischel zeigt ihre Installation Global Sounds in Linz und schreibt hier über ihre Arbeiten und die Ideen dahinter.

Vor einiger Zeit habe ich mich dazu entschieden, meine sieben Sachen zu packen um von nun an in Edinburgh zu leben. Mich faszinieren die kulturelle Vielfalt und Offenheit der Stadt. Eines Abends fragte mich eine Freundin, sie kommt ursprünglich aus China, was home denn eigentlich für mich bedeute. Ich konnte ihr keine klare Antwort darauf geben – ist mein home in Deutschland, ist es in Edinburgh?

Das Gespräch beschäftigte mich – ich begann, über Migranten und ihr home nachzudanken. Sie leben in einer neuen Stadt, in einem neuen Land und vielleicht sogar in einer neuen Kultur und tragen doch die Erinnerungen an ihr Herkunftsland mit sich. Ich sehe Migranten als eine Bereicherung für eine Kultur an – denn mit ihren Erinnerungen bringen sie auch Teile ihrer Kulturen, Interessent und Ideen in die neue Heimat.

Diese Gedanken bildeten die Grundlage für mein aktuellstes Kunstprojekt Global Sounds. Ich wollte in einer interaktiven Projektion im öffentlichen Raum Migration und home thematisieren. Sieben Pyramiden bilden die Installation und repräsentieren je einen Kulturkreis. Die Komponistin Theresa Zaremba kreierte einen Song, zusammengesetzt aus sieben Instrumenten verschiedener Kulturen – wie das Didgeridoo aus Australien oder die Djembe aus Afrika. Die Pyramiden der Installation sind interaktiv  – Passanten können eines der sieben Instrumente sowie Licht zu der Installation beisteuern, indem sie sich zu einer der Pyramiden stellen. Die Idee dabei ist, dass das Musikstück also umso spannender wird, je mehr Menschen zusammenkommen.

Global Sounds 2013 from Rebecca Gischel on Vimeo.

Webcams an den Spitzen der Pyramiden sind für die Aktivierung der Instrumente und der Glühbirnen in der Pyramiden zuständig. Für die Programmierung verwendete ich die Software Processing und Arduino.

Doch Global Sounds ist nicht das erste Kunstprojekt, für welches ich die Inspiration aus dem Austausch mit Freunden aus anderen Kulturen gewonnen habe. Die Idee für das Projekt Black Box entstand während einer Diskussion über aktuelle politische Ereignisse mit Freunden aus China und Griechenland. Wir realisierten, dass wir teilweise eine wesentlich andere Sicht auf politische und soziale Themen haben – bedingt durch unsere unterschiedlichen Informationsquellen. Wir alle lesen regelmäßig die Online-Zeitungen unserer Heimatländer.

Es entstand ein kritisches Projekt, das auf den Einfluss der Medien auf unsere Meinung hinweist. Es stellt die Freiheit der eigenen Meinung in Frage und stellt die These auf, dass die subjektive richtige Meinung durch die mediale Beeinflussung in jedem Land eine andere sein kann.

Mit Ironie wird das daraus resultierende Problem für harmonischen Smalltalk gelöst: Die Black Box – umgesetzt mit Arduino – gibt dem User die richtige Meinung – über Ohrhörer direkt in den Kopf. Dabei kann der User den Kulturkreis und das Thema einstellen. Reise ein Geschäftsmann aus Europa nun zum Beispiel in die USA, wird eine amerikanische Meinung harmonischen Smalltalk garantieren.

Außerdem kann eingestellt werden, ob eine offizielle oder allgemeine Meinung gewünscht ist. Während sich die offizielle Meinung aus Zeitungsausschnitten und Aussagen von Politikern ergibt, besteht die allgemeine Meinung aus einer zusammenstellung von Tweets unbestimmter Leute zum Thema. Wünscht der User allerdings die allgemeine Meinung in China, könnte er enttäuscht werden:

Public Opinion China

Ist meine Meinung richtig? Ist deine Meinung falsch? Oder hatten wir einfach nur eine andere Informationsquelle?

Ein weniger kritisches Projekt, wenn auch doch mit soziologischen Hintergrund ist Leistungszeit. In Zeiten wo Burn-Outs keine Seltenheit mehr sind, wird der Umgang der Menschen mit der Zeit thematisiert. Sollten wir die Zeit nutzen – oder vielleicht doch lieber verbringen?

Leistungszeit, umgesetzt mit einer XBox Kinect und der Unterstützung des Programmierers Menno Kuyper, legt Passanten Gedanken zum Umgang mit der Zeit  ‚in den Kopf‘, welche sie entweder akzeptieren oder wegwischen können, wodurch gegenteilige Gedanken erscheinen. Durch das Projekt sollen Menschen zum Nachdenken über die Zeit angeregt werden.

Leistungszeit from Rebecca Gischel on Vimeo.

Mein nächstes Kunstprojekt habe ich zwar noch nicht um Kopf, ich bin mir aber ziemlich sicher dass interessante Gespräche die Inspiration dazu liefern werden – schaut auf dem Festival in Linz noch mal bei mir und dem Projekt Global Sounds vorbei!

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Rebecca Gischel(geboren 1989 in Deutschland) studierte Mediendesign an der DHBW Ravensburg. Während eines Auslandssemesters an der Napier University in Edinburgh entdeckte sie ihre Liebe zur Interactiven Kunst. Nach Abschluss des Studiums zog sie 2012 für den Master in Interaction Design an der Napier University nach Edinburgh. Sie entdeckte Processing und Arduino für sich, um interaktive Kunstprojekte umzusetzen. Ihr Schwerpunkt liegt auf interaktiver Kunst im öffentlichen Raum, mit welcher sie soziologische Themen aufgreift.

www.rebecca-gischel.de

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