Kleine Gesten für eine bessere Zukunft

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Wenn Schmetterlinge durch die Ausstellung flattern…

Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen? Diese Frage hat sich der US-amerikanische Meteorologe Edward Lorenz schon Anfang der 1970er-Jahre gestellt. Die neu eröffnete Ausstellung „L‘Oracle du papillon“ in Fribourg in der Schweiz hat sich diesem „Schmetterlingseffekt“ angenommen und hebt mit seinem Konzept die vielen kleinen Einzelschritte der Bevölkerung hervor, die notwendig sind, um wirkungsvoll etwas für den Umweltschutz beitragen zu können.

Städte erkunden mit dem Stift

Mit dabei ist auch GeoPulse der Ars Electronica Solutions, ein modernes Simulations- und Visualisierungswerkzeug, mit dem auf spielerische Weise Zahlen, Fakten und Zusammenhänge, angereichert mit Bildern, Texten und Infografiken, einer Stadt erkundet werden können. Im Ars Electronica Center Linz ist die Ausstellung GeoPulse bereits seit einem Jahr in Betrieb – abgerufen werden die Daten interaktiv von den BesucherInnen, die mit einem digitalen Stift in Büchern, auf Karten, Rollen, Objekten, Wänden oder gar auf den Boden tippen können. Die gewünschte Information wird auf Bildschirmen nebenan oder großen Projektionsflächen ausgegeben. Alleine das „Linz-Buch“ enthält eine Fülle an demographischen Daten der Stadt Linz, an statistischen Daten, Echtzeit-Daten, geschichtliche Daten oder themenorientierte Daten.

Michael Badics vor Ort in der GeoPulse-Ausstellung im Ars Electronica Center Linz

Mit dem „Solutions Centre“ auf der Suche nach Lösungen

Michael Badics, Senior Director bei Ars Electronica Solutions: „Davon ausgehend haben wir jetzt in Fribourg in der Schweiz ein System geschaffen, das sich gänzlich einem Thema unterordnet: Der Nachhaltigkeit. Fribourg ist eine kleine Stadt in der Schweiz, die in den nächsten 20 Jahren zu einer großen urbanen Region heranwachsen wird. Damit stellen sich hier sehr viele Fragen. Es wird die Bevölkerung um den Faktor 10 anwachsen. Das heißt, man muss sich Herausforderungen des öffentlichen Verkehrs, der Dichte von Einrichtungen und Organisationen, dem Aufkommen des Individualverkehrs stellen. All diese Dinge gehören aber schon jetzt geplant und gelöst.“

Ars Electronica Solutions hat die Ausstellung maßgeblich mitkonzipiert, ausgearbeitet und umgesetzt. Mit dem „Solutions Centre“ steht den BesucherInnen ein interaktiver Raum zur Verfügung, der mit einem ganz persönlichen Zugang dazu einlädt, Energie zu sparen. „Das Individuum erkennt, dass es einen großen Beitrag leisten kann und muss. Man stellt kleine Schritte, kleine Gesten zusammen, die man selbst ganz einfach machen kann, und schließlich auch tatsächlich durchführt“: Strecken unter zwei Kilometern zu Fuß gehen, den Reifendruck des Autos regelmäßig kontrollieren, in neue dreifach verglaste Fenster investieren, die Raumtemperatur den eigenen Bedürfnissen anpassen, LED-Lichter verwenden und abdrehen, wenn man sie nicht braucht, langlebige Einkaufstaschen verwenden oder das Smartphone mindestens drei Jahre lang nutzen.

Sparpotential gibt es genug, wie diese Visualisierung im „Solutions Center“ zeigt

Versprechen geben und sich daran halten

Barbara Hinterleitner, Projektmanagerin bei Ars Electronica Solutions, erklärt das Konzept: „Der Raum widmet sich den Themenbereichen Mobilität, Wohnen, Energie und Konsum – pro Bereich sind 10 Stelen zu einem Kreis formiert, in dessen Mitte ein interaktiver Tisch angeordnet ist. Mit einem Tablet in der Hand können die BesucherInnen QR-Codes von den Stelen abfotografieren und sich Tipps und Infos zu den Gesten holen. Die Tische helfen, sich in das Themengebiet vertiefen zu können, wenn das Tablet damit verbunden wird.“

Simulationen und Visualisierungen zeigen nun, was das dem Einzelnen im Endeffekt an Kostenersparnis und an Einsparung an CO2 bringt. „Zu jeder Geste können sich die BesucherInnen nun comitten, also versprechen, diesen Tipp ein Jahr lang auszuführen und man erfährt, wie viel CO2 ich damit spare.“ Wer das nicht versprechen möchte, kann sich auch Infomaterial zusenden lassen, oder nach der Ausstellung online Versprechen hinzufügen. Die Summe der Zusagen werden auf einem 4 mal 4 Meter großen Cube visualisiert, auf dem ein Foto der Besucherin oder des Besuchers erscheint, zusammengesetzt aus vielen kleinen Schmetterlingen.

„Im Wesentlichen ist es für die BürgerInnen von Fribourg gedacht, aber auch für das Umland – also angrenzende Kantone. Und im Prinzip für die gesamte Schweiz, weil sich das Land ein Thema auf die Fahnen geschrieben hat: Pro Kopf und Jahr eine Tonne CO2 weniger zu produzieren. Und das hat über die Region hinaus weitreichende Bedeutung.“, so Michael Badics.

Nur ein paar der vielen Gesten, die helfen, Energie zu sparen

Interaktion unterwegs

Eine Weiterentwicklung von GeoPulse, das nicht nur in Linz und Fribourg, sondern auch in Peking, Moskau, oder im österreichischen Karawanken-Park zum Einsatz kommt, ist die mobile Komponente. Mobile Geräte wie Smartphones können nun in den Zirkel der Interaktionsmöglichkeiten mit GeoPulse integriert werden. Michael Badics: „Man kann bestimmte Informationen wie bestimmte Wege oder Punkte, die man in der Ausstellung gesichtet hat, mit auf sein mobiles Gerät mitnehmen und draußen im Freien damit arbeiten. Wenn man sich einem interessanten Punkt nähert, wird man darauf hingewiesen – und man kann auch partizipieren, man kann Feedback zurückgeben in Form von Text, Bild oder Audio oder Video.“ Als nächsten Schritt plant die Ars Electronica Solutions die mobilen Geräte auf Wunsch als weitere Datenquellen für GeoPulse miteinzuschließen – so könnte man die Luftqualität mit kleinen Add-Ons von den Smartphones zurückmelden, um planerische Tätigkeiten noch besser unterstützen zu können.

Hier wird GeoPulse in Fribourg aufgebaut

Städte planen, Länder bewerben

Zur besseren Städteplanung eignet sich GeoPulse aber schon heute. Möglich wird das mit der Überlagerung verschiedener Datenebenen. Bei demographischen Daten kann man sich zum Beispiel die Verteilung von Kindern unter fünf Jahren in einer Stadt auf einer Karte visualisieren lassen. Zusätzlich lässt man sich dann die bereits vorhandenen Standorte an Kindergärten und -krippen einblenden, sieht man sofort, wo noch Bedarf an weiteren Institutionen besteht. „Und dann“, so Badics, „lege ich noch Migrationsdaten darüber, um zu wissen, wo Kinder mit Migrationshintergrund leben, und wo ein speziell geschultes Personal notwendig sein wird, das auch darauf eingehen kann. Diese Kombination gibt mir eine breite Palette an unmittelbaren Möglichkeiten zu reagieren und zu planen.“

Aber auch auf Messen ist GeoPulse im Einsatz. So setzt die Österreich Werbung das Produkt bei ihren Präsentation ein, um sehr flexibel auf bestimmte Fragen und Interessen eingehen zu können – angefangen von statischen Zahlen wie Hotelbetten über Sehenswürdigkeiten bis hin zu ökologische Entwicklungen in Österreich. Das gelingt in keiner standardisierten Powerpoint-Präsentation. In Moskau hingegen wird es eingesetzt, um Investoren oder Organisationen eine neu bebaute Region schmackhaft zu machen und über zukünftige Projekte zu informieren. „Es gibt unterschiedliche Kontexte, wo man das verwenden kann, aber primär ist die Stoßrichtung, dies vor allem für Planungs- und Informationsprodukt für Städte oder größere Regionen zu nutzen.“